Eine kleine Führung durch die Welt der Elektromusik-Klangerzeuger | Teil 3: "Deus Expander Machina"

Im dritten Teil meiner kleinen Führung durch die Welt der Elektromusik geht es um Synthesizer-Expander, also klangliche Erweiterungen. Dieser Begriff ist zunächst zutreffend, verwirrt aber dann, wenn es sich bei einem Expander "nur" um eine (oft um die Tastatur und mehr) "abgespeckte" Version eines anderen, größeren Synthesizers handelt. Doch der Reihe nach:

Geboren wurde der Synthesizerexpander einst mit dem SEM, Tom Oberheims erstem offiziellen Analog-Synthesizer (siehe Foto rechts im Original ... sowie die beiden weiteren Fotos vom Innenleben und der Original-Platine / zum Vergrößern bitte die Fotos anklicken); SEM stand hierbei als Abkürzung für "Synthesizer Expander Modul". Gedacht war der SEM als Backup-Synthesizer, der mit einem Sequenzer verbunden werden sollte, weshalb man bei ihm ganz bewusst auf eine Tastatur verzichtete. Heraus kam ein einstimmiger Analog-Synthesizer mit zwei Oszillatoren, einem Multimode Filter, ADR Tonablaufgenerator und einem LFO. Im Gegensatz zu Moog und ARP setzte Oberheim auf einen Synthesizer ohne Tastatur, der über einen Kabelcontroller mit anderen SEM-Modulen zu zwei-, vier- oder achtstimmigen Synthesizersystemen verbunden werden konnte.

Eingeführt wurde der SEM Mitte der 1970er Jahre, also zu einer zeit, als es noch keinen digitalen Synthesizer und noch keinen MIDI-Standard gab. Mit Einführung dieser beiden Komponenten in die Elektromusikwelt machten Synthesizer-Expander erst richtig sonn. Plötzlich bauten afast alle Synthesizerhersteller Expandermodule, die über jeden Synthesizer mit MIDI-Out -Möglichkeit angesteuert werden konnte. So erweiterte der jeweilige Musiker tatsächlich seine Klangmöglichkeiten und zwar die diejenigen, die ihm sein Expander zusätzlich bot.

Es soll hier ja auch um das A-U-T-O-B-A-H-N Projekt gehen und deshalb beschreibe ich nun ein wenig meine "Deus Expander Machina"-Geschichte, da an dieser Stelle allgemein zu bleiben, bei der Vielfalt von Synthesizer-Expandern, den Rahmen dieses Textes mit Sicherheit sprengen würde. Also: Mein erster Expander war ein Korg EX-800, der tastenlose Bruder des Mitte der 1980er Jahre sehr beliebten Korg Poly 800, durch den ich die Klangmöglichkeiten meines Poly 800 verdoppeln konnte. 1987 kam ein Yamaha FB-01 hinzu, die zu ihm zwar klanglich zwar reduzierte, mutitimbral jedoch aufgestockte, preiswerte Version des Yamaha DX7 Synthesizers. Kurz danach legte ich mir eine FB-01 Double Modul von Yamaha zu und einen Roland U-110 Expander. U-110 und FB-01 sind heute noch fest in meinem Soundpool enthalten und bestimmten zwischen 1987 und 2001 meine Musik ganz wesentlich.

Der FB-01 ist ein über Computersoftware leicht editierbares Klangwunder mit der ganz speziell klingenden FM-Klangsynthese ("FM" steht hierbei - wie im Hörfunk - für "Frequenz Modulation"), auf die sich z. B. das KRAFTWERK-Album "Technopop" (früher auch bekannt als "Electric Cafe") wesentlich aufbaute. Dagegen arbeitet der U-110 mit gesampleten Klangwellen, die im Syntheseverfahren zu durchaus "echt" klingenden Wellenkreationen zusammengesetzt werden - im Gegensatz zu den FM-Klängen, die der Hörer eher als "künstlich" einstuft, wie eine Untersuchung einmal feststellte.

Später kamen in meiner Klangwelt noch Proteus Expander von EMU Systems hinzu, ein TG-500 von Yamaha (= die Expanderversion des SY-85 Synthesizers; "TG" steht für "TonGenerator"), mit dem M-VL1 ein Synthesizersoundexpander von Roland (mit wunderschönen Mellotron-Sounds) und der Peavey Spectrum Organ Expander.

Alle anderen Module in meiner Klangansammlung sind - selbst wenn sie sich Expander nennen oder von mir so genannnt werden sollten - keine wirklichen Expander sondern, wie die Korg Wavestation 03W/R
oder die Clavia Nord Expander im Grunde aktive Synthesizer-Racks, also Module, die man zwar in ein 19-Zoll-Rack einbauen kann, die jedoch eine so weit eigene Klangerzeugung und -beeinflussung besitzen, dass ich sie nicht (mehr) als "reine" Expander bezeichnen möchte oder kann.

Aber - nochmal! - angefangen hat alles 1975 mit dem SEM von Oberheim, den es natürlich heute auch als "Neu-Bau" zu kaufen gibt (siehe Foto links).

Einige Bemerkungen zu Sinn und Zweck und Art der A-U-T-O-B-A-H-N Computerprogramme | Teil 1: ARTURIA Software

Bei den A-U-T-O-B-A-H-N Livekonzerten stellen Zuschauer regelmäßig Fragen zu den verwendeten Computerprogrammen. "Was ich echt, was kommt aus dem Computer?", das sind häufige Fragen, denen ich hier einmal nachgehen möchte. Zu Anfang möchte ich etwas zu den diversen Computersoftware-Programmen der französischen Firma ARTURIA sagen:

Bis vor wenigen Jahren gab es wirklich gute, umfangreich zu editierende Computersoftware-Programme äußerst selten und sie waren zudem überwiegend teuer. Als einer der besten etablierte sich schnell das "FM7"-Programm von NATIVE INSTRUMENTS. ich selbst begann 2002 mit Softwaresynthesizern zu arbeiten, als ich das PROPELLERHEAD "Reason"-Programm für mich entdeckte.

Die Softwarefirma ARTURIA (die heute auch Hardware herstellen lässt und vertreibt) wurde 1999 in Grenoble von Frédéric Brun und Gilles Pommereuil gegründet und vertreibt seither nahezu perfekte Emulationen der bekanntesten Synthesizer, die inzwischen von so unterschiedlichen Musikern wie Jean-Michel Jarre, Klaus Schulze, Hans Zimmer, Howard Jones, Herbie Hancock oder Edgar Froese von Tangerine Dream genutzt werden (zum Vergrößern der Abbildungen bitte die entsprechenden Fotos anklicken).

Mein erster Kotakt mit ARTURIA-Software war die Nachbildung eines MOOG Modular Systems, an dem sogar Robert Moog noch zu seinen Lebzeiten mitwirken konnte (und er hatte - sozusagen 'Kraft seines Namens' - die Kompetenz, das aussprechen zu dürfen, was "wir" Synthesizerfans empfanden: "Das 'Ding' klingt so gut wie mein Original...wenn nicht sogar noch besser").

Was der große Bob Moog hier exemplarisch zum Ausdruck brachte, war Folgendes. Durch geschickte Ergänzungen der nahezu perfekten Vorbilder (beim Modularsystem waren dies: Effekte, Echomöglichkeiten und die Option, selbst zeitaufwendigst generierte Klangbilder mit einem Tastendruck abzuspeichern) erweiterten die Fähigkeiten dieser Elektromusikinstrumente und verbesserten so den Umgang damit. Von ARTURIA erwarb ich in der Folge noch das ARP 2600/ARP 1601 Sequencer-System sowie die Analog Experience Factory (u.a. mit SEQUENIAL CIRCUITS Prophet 5 und VS, dem MiniMoog, dem YAMAHA CS-80 und dem ROLAND Jupiter-8) und, wenn ich auf der Bühne einmal irgendeinen Sound bestimmten Sound "kurz und schmerzlos" brauche, den Analog Player - die letzten beiden übrigens zusammen mit den jeweils zugehörigen Hardware-Controllern von ARTURIA, die das Live-Arbeiten angenehm gestalten.

Diese, von Brun und Pommereuil auf Basis der von ihnen entwickelten TAE®-Soundengine geschaffenen, ARTURIA Softwareprogramme sind zuverlässig, klangstabil, live universell einsetzbar und gehören zu den derzeit weltweit am häufigsten genutzten virtuellen Synthesizer- und Elektromusik-Soundprogrammen. Sicherlich sind sie nit wirklich preiswert, erlauben dafür die exakte Arbeit mit Synthesizerlegenden, die (wie etwa im Falle des CS-80) heutzutage kaum noch defektfrei auf dem Synthesizer-Gebrauchtwarenmarkt zu finden sind und das zudem in einer Audio Qualität, die herausragend ist.

Was (zumindest für mich) bezüglich ARTURIA zusätzlich eine große Bedeutung hat, das ist die ARTURIA Community mit ihren verschiedenen Themenforen, über die man schnell und kompetent in Kontakt mit den Ingenieruen der Firma selbst, als auch mit anderen Nutzern treten kann und das weltweit. Ich nutze meine einzelnen Software Synthesizer im Übrigen eher selten als VST-Plug-In mit meinen Software-Sequencer-Programmen sondern in der Regel als Stand-Alone-Programm, gesteuert über die M-Audio Keyboards "Evolution" oder "Oxygen 8".

Und was die Parallelen und Unterschiede zu den Originalen betrifft, so kann ich nur das wiederholen, was ich zuvor bereits einmal beispielhaft zur KikAxxe-Software von WayOutWare gesagt hatte und was man HIER nachlesen kann. Dies trifft im Grunde auch auf ARTURIA Produkte zu, in Bezug auf diejenigen "echten" Instrumente, die ich zuvor selbst spielen und bedienen durfte, als da wären: der ARP 2600 und der ARP Sequencer, der MiniMoog und der ROLAND Jupiter-8.

Zum A-U-T-O-B-A-H-N 4-KLANG: Sind elektrische Orgeln heute noch zeitgemäß?

Bei den A-U-T-O-B-A-H-N Livekonzerten werden hin und wieder elektrische Orgeln der 1970er-Jahre eingesetzt. Da könnte man sich fragen, ob solche Orgeln heutzutage (von der schlichten Tatsache abgesehen, dass es sie gibt und dass sie i.d.R. noch tadellos funktionieren) überhaupt noch zeitgemäß sind. - Auch hierzu möchte ich, aus ganz persönlicher Sicht, etwas bemerken:

Meine kleine Orgel-Historie beginnt 1975 mit (natürlich!) einer FARFISA mit Rhythmuscomputer. "Fahrt mit dem Zug" taufte ich das rpofane Werk, dass ich damals mit ihr aufnahm und das zwei Jahre später auf meiner Cassette "Dingel-Dein-Dong" [im Charly Davidson ROCKLEGENDE-Universum auch als "Tingel-Tangel-Tour" bekannt] Platz fand. Da hatte ich mir aber schon eine HOHNER Organetta 49R zugelegt, zu der sich 1980 eine SOLINA D gesellte, der ich für den Bühneneinsatz den Lautsprecherfuß und das Basspedal amputiert hatte. Danach waren es verschiedene PHILIPS Philicordas, von denen ich heute 6 Stück besitze und vor einiger Zeit kam dann noch eine WERSI Entertainer hinzu, die aber inzwischen nach Italien gewechselt ist. Im Austausch bekam ich von dort die KRAFTWERK-Orgel ANTONELLI Solista IV (Modell 2610) hinzu.

Selbstverständlich kann man schon seit Jahren bei Livekonzerten mit gesampleten Orgelsounds arbeiten oder hervorragend emulierte Klone von EMU, YAMAHA oder anderen herstellern einsetzen. Ich selbst habe den PEAVEY Spectrum Orgelexpander für mich entdeckt, mit wunderbaren FARFISA, VOX und HAMMOND Sounds und nutze vor allem die FARFISA Sounds hieraus oft und gerne. Aber in die ANTONELLI habe ich mich inzwischen richtiggehend "verliebt". Eine "tiny little keymachine", wie Brain One sagen würde, die vor allem durch den eingebauten Phaser punktet, durch den ihr Sound sofort in Richtung KRAFTWERK und/oder Jean-Michel Jarre driftet.

Außerdem ist sie ebenso einfach wie robust gebaut und auch der Rhythmusteil hat etwas eigenes, prickeldes...vielleicht kann man das am ehesten mit einem "missing link" zwischen den alten, analogen Geräten der Siebziger Jahre und den neueren, technischeren ROLAND - und KORG-Maschinen der Achtziger Jahre umschreiben.
Auf jeden Fall hat das etwas, was ich hier und da bei Konzerten brauche und dann auch direkt einsetze. Die ANOTNELLI macht sich zudem auf der Bühne optisch "gut" mit ihrem Metalfuß und das ist mit ein Grund, warum ich sie einsetze. Auch die Kippschalter im ARP-Feeling (also mit kleinen Gummikappen/-noppen) sind herrlich...einfach wunderbar.

Da es schon einige Anfragen zu meiner ANTONELLI gab und es im Internet so gut wie gar keine Informationen mehr zur ehemaligenFirma Antonelli S.p.A. (die vor dreißig Jahren - wie einige andere Firmen der gleichen Branche - Konkurs anmeldete, als die japanische Konkurrenz an Billig-Keyboards überhand nahm) gibt und speziell zum/zur Solista IV, habe ich hier einige Großfotos der ANTONELLI 2610 herausgesucht (zum Vergößern bitte das Foto anklicken!).

Einige Bemerkungen zu Sinn und Zweck und Art der A-U-T-O-B-A-H-N Keyboardständer

Bei den A-U-T-O-B-A-H-N Livekonzerten stellen Zuschauer regelmäßig Fragen zu den "spacigen Keyboardständern" (wie manche sie nennen). Braucht man so etwas wirklich? Ist das Show oder pure Notwendigkeit? - Hierzu möchte ich, aus meiner ganz persönlichen Sicht, folgendes bemerken:

Natürlich kann man seine Synthesizer und Keyboards auch auf einem Tapezierertisch (den man sinnigerweise mit ein paar schwarzen Tüchern bedecken kann) präsentieren. Ich habe das in den 70er- und 80er-Jahren gemacht und...doch...es geht. Ein solcher Tapezierertisch sollte selbstverständlich eine gewisse Stabilität besitzen, damit alles auch kippsicher aufbewahrt (vor allem: bewahrt) ist. Sofern man über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, dann kann man sich einen solchen Keyboardtisch auch von einem Schreiner professionell und den eigenen Wünschen angepasst herstellen lassen.

Bei den Keyboardständern hat sich seit Mitte der 70er-Jahre viel getan. Kamen in den 80er-Jahren die Klappständer in Form eines "X" auf, so folgten darauf professionellere Modelle, bis hin zu den ULTIMATE und K&M Ständern, die ich heute hauptsächlich verwende. Von den ULTIMATEs habe ich drei identische APEX AX-48 Pro mit jeweils zwei höhenverstellbaren Keyboard Ablagebereichen (links, zum Vergrößern bitte das Foto anklicken), von denen ich meistens zwei auf der Bühne dabei habe.

Von K&M sind es zwei "Spider", von denen meist der kleine "Baby Spider" zum Einsatz kommt, der eine Keyboardablagefläche hat, wobei man oben noch (z. B. für den Vocoder) ein Mikrofon anschließen oder ein Notebook befestigen kann. Man kennt die "Spider"s z.B. auch von Edgar Froeses Tangerine Dream, die solche Keyboardständer seit vielen Jahren verwenden (siehe das Detailfoto im oberen Bereich dieses Artikels).

Natürlich sehen diese Keyboardständer "spacig" aus...aber nur ganz nebenbei. Hautsächlich erfüllen sie ihren Zweck sehr gut und haben mir live noch niemals irgendwelche Probleme bereitet. Am "Spider" sitzt man bequem bei der Arbeit und an den UTLIMATEs zu stehen ist ein Vergnügen. Wirklich spacig wird es beim A-U-T-O-B-A-H-N Projekt übrigens HIER.

Natürlich habe ich auch herkömmliche Keyboardständer im EInsatz.

Das lange A-U-T-O-B-A-H-N Interview mit Rainer Sauer | Teil 1: Über Emulatoren, Veränderungen und einen Ozean aus Melodien

Das Interview führte Tim Schwarz für "Elektromusik Online".

Sauer: Das ist nett, dass Sie mich aufsuchen. Aber gerade heute habe ich wenig Zeit. Sie könnten, wenn Sie möchten, Ihre kostbare Zeit auch mit den beiden Katzen meiner Tochter verbringen und ich arbeite dann solange...

EMO: Oh, wir wollten nicht stören, aber Ihr neues Projekt A-U-T-O-B-A-H-N fordert zu einigen Fragen heraus. Die Idee, die Geschichte der Elektromusik live zu erzählen und zu spielen zählt zu den spannendsten Projekten in diesem Jahr. Und Sie machen dabei fast alles allein.

Sauer: Musik zu spielen und zu schreiben versetzt mich nach wie vor in glückliche Euphorie. Es war für mich in der Vergangenheit immer toll, mit anderen Musikern zu arbeiten, aber es wird mir inzwischen zu anstrengend und mit zunehmendem Alter empfinde ich es wirklich als Zeitverschwendung. Jeder kann doch heutzutage alles selbst machen.

EMO: Wie kommt es dazu, dass Sie heute weniger "echte" Musikinstrumente und verstärkt sogenannte Emulatoren einsetzen?

Sauer: Wer über meinen privaten, beruflichen und künstlerischen Werdegang und mein Verhältnis zu Synthesizern, Technik und Musik etwas erfahren möchte, kann das auf auf meiner Website (Anm.: HIER) nachlesen. Viel Spaß dabei. Nun aber zu Ihrer Frage und zu den einzig wahren Emulatoren (Anm.: lat. von "aemulare = "nachahmen“) und zwar denen, die die amerikanische Firma EMU Systems in den Achtziger und Neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts auf den Markt brachte.


Als Elektromusiker und langjähriger technischer Entwickler und Tüftler war ich im August 1981 natürlich interessiert und aufgeregt, als Thomas Kapke und ich in Berlin-West einen ganzen langen Nachmittag mit Christopher "Chris" Franke von Tangerine Dream verbringen durften. Der führte uns durch sein "kleines" TD-Studio (welches er in einem ehemaligen Kinosaal untergebracht hatte), erzählte uns von Peter Baumann und dessen legendärem "Audity"-Synthesizer-Projekt und brachte uns geduldig die einzelnen Komponenten der Tangerine Dream Musik dieser Zeit näher. Gerade war dasTD- Album "Exit" fertig gestellt und auf ihm hatte Chris zum ersten Mal aktiv mit gesampleten Klängen gearbeitet, wobei er hierfür einen EMU Systems Emulator einsetzte, der gerade auf dem Markt gebracht worden war; in den freien Verkauf kamen die Emulatoren übrigens erst Anfang 1982.

Bei Franke durfte ich damals zum ersten Mal auf einen solchen Emulator spielen und Chris erklärte mir geduldig die einzelnen Funktionen. Wie so oft wurde der eigentliche Grund des Besuches, nämlich das Interview (dieses Mal für die Zeitschrift "Synthesizer Magazin"), eher zur Nebensache, so interessant war es bei Chris "zu Hause".

Auf der Musikmesse 1983 verabredeten wir uns dann zwecks eines Besuchs beim Stand von EMU Systems und, obwohl Chris dort mit einem ganzen Tross an Freunden (und mir) einlief, nahm man sich genügend Zeit um jedem einzelnen Gast den brandneuen Emulator II vorzuführen...vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass es ein Presse- und Händlertag und kein Publikumstag war.

EMO: Heute haben Sie selbst gleich zwei Emulatoren auf der Bühne. Welche Funktion haben diese Geräte?

Sauer: Den einen EMU 64 habe ich schon seit 2003 live dabei, lange Zeit begleitet von einem EMU ESi32 mit fast identischem Soundpool. Aber so lernt man dann doch die Unterschiede zwischen beiden Geräten kennen. Sicher: der ESi32 ist schneller als der Emulator 64, der ja der kleinere Bruder des Emulator IV ist. Aber der EMU 64 hat eben die grandiosen Emulator IV Filter und der ESi32 hat etwas schlechtere, weshalb es heute bei mir zwei EMU 64 Sampler sind. Die Funktionen sind vielseitig. Ich steuere einen über das EMU Longboard, zusammen mit dem EMU Proteus, der andere ist an meine Sequenzer-Unit angeschlossen und für den 4-Klang-Sound zuständig, wird über das OBERHEIM MK-1000 angesteuert und verwaltet (Anm.: auf dem obersten Foto dieses Themas ist links einer der EMU 64 zu sehen und rechts das OBERHEIM Masterkeyboard). Es gibt immer etwas, was man vom EMU 64 in das Soundbild mit einbauen kann.

EMO: Was machen Sie in Ihrer Musik heute anders als noch vor dreißig Jahren?

Sauer: Ich habe mir da viel von Mike Oldfield und Edgar Froese von TD abgeschaut, besser gesagt: abgefragt, denn ich durfte beide ja mehrmals in meinem Leben persönlich kennen lernen. Oldfield wie Froese haben ihre langen Werke stets mit einem Überbegriff gekennzeichnet, z. B. als "Incantations - Part 1" oder "Tangram - Set 2", das Ganze für sich aber in die musikalischen Einzelstücke zerlegt, die vom großen, langen Werk unabhängig sind. So hat "Incantations" Einzelteile, die Oldfield z. B. "Diana", "Hiawatha" oder "Canon For Two Vibraphones" genannt hat und Froese kennt in "Tangram" Einzelteile wie "Wu Wei", "Point Of No Return" oder "Dream Puzzle". Das gibt es auch bei mir. "Moon Mirror" ist u. a. unterteilt in Episoden wie "Prophecy Theme", "Terry Coda" oder "Riff Tango". Und in einer anderen Konstellation gibt es den "Riff Tango" mit einem Vorspielteil namens "Chiba City Blues". So kann man sich ein Puzzle an EInzelteilen zusammensetzen und kombiniert das dann zu einem neuen, längeren Werk mit neuem Titel.

EMO: Es wird über Sie berichtet, dass Sie Musiker, mit denen Sie im Studio zusammenarbeiten, zum Einkaufen oder Spazierengehen schicken, bevor Sie deren Liedfragmente bearbeiten. Weshalb?

Sauer: Es gibt in Wales ein Sprichwort, das ins Deutsche übersetzt bedeutet, man solle sich heraushalten, wenn Würstchen oder Politik gemacht werden, sprich: die Drecksarbeit. (Sauer lacht!) Das Ergebnis ist es, das zählt, nicht die blutigen Zutaten. Wenn ich also alleine arbeite, dann brauche ich nicht zu beschreiben, weshalb es hier eine Veränderung gibt oder dort etwas fehlt. Bei einigen Songs, die mir jemand anvertraut, ist vielleicht nur die Bass-Spur interessant. Manchmal ist es aus einem ganzen Song nur ein einziger Ton, ein Sound, eine Klanginterferenz, die unbeabsichtigt entstanden ist. Aber den höre ich und weiß, dass er eine aufregende Struktur tagen kann, vielleicht einen ganzen Song.

EMO: Aller Geldsorgen sollten Sie längst enthoben sein. Wie wichtig ist für Sie dennoch der kommerzielle Erfolg eines Projektes wie "A-U-T-O-B-A-H-N"?

Sauer: Erfolg ist immer erhebend. Es ist richtig, dass ich nicht auf das Geldverdienen durch solche Projekte angewiesen bin, die ich ja neben meiner hauptsächlichen Arbeit mache. Aber Erfolg ist immer eine Bestätigung für die investierte Arbeit und freut einen, und damit meine ich nicht den finanziellen Effekt. Meine Projekte vereinen stets viele Ideen, an denen ich seit Jahren gearbeitet habe. Und wenn etwas dann fertig ist und offensichtlich ein Publikum findet - das ist einfach euphorisierend.

EMO: Sie haben einmal geäußert, heutzutage könne wirklich jeder Amateur Elektromusik für den Heimgebrauch programmieren. Die amerikanische Musikerin Laurie Anderson, hat sogar kürzlich beklagt, dass moderne, preisgünstige Technik Unmengen an schrecklicher Amateurmusik provoziert. Verstehen Sie den Ärger, der Menschen wie Laurie Anderson umtreibt?

Sauer: Nehmen wir doch einmal die Entwicklung der Fotografie. In deren Anfangszeit war es sehr schwierig und aufwendig, ein Bild zu fotografieren und zu entwickeln. Aber heutzutage kann jeder Mensch Bilder aufnehmen, kann fotografieren, wenn er möchte sogar mit seinem Telefon. Da ist es doch keine Frage, dass an die 100 % aller Fotografien, die täglich entstehen, absoluter Mist sind. Aber es ist nun halt einmal so und nicht mehr zu ändern. In der Musik sieht das doch ähnlich aus. Wir schwimmen jetzt schon in einem Ozean von Melodien und Liedern, drohen darin zu ertrinken. Aber am Ende sind für einen persönliich dann doch nur die Songs interessant, die wie gute Fotografien sind, nämlich aufregend und auf irgend eine Art faszinierend. Im Grunde hat Frau Anderson natürlich recht, aber was will, was kann man dagegen machen?

EMO: Gibt es jemanden, der Sie persönlich quält mit seiner Musik?

Sauer: Mehr Individuen als Sie sich vorstellen können. immer wieder bekomme ich CDs mit Musik zugeschickt. Ich verstehe das als eine Hommage an meine Sache mein Hessischen Rundfunk vor víelen, vielen Jahren, als ich diese Nachwuchsförderung in's Leben rief. Sicher denken heute noch Menschen, dass ich sie fördernkann, aber das ist ein Fehlgedanke. Gerade letzten Monat habe ich mir zum Beispiel Musik anhören müssen, die mir ein Freund vorgespielt hat. Der ist studierter Philosoph, war in einen unangenehmen Gerichtsfall involviert und ein sehr guter und sehr teurer Anwalt hat ihm dabei aus der Patsche geholfen. Als Honorar dafür hatten die beiden ausgehandelt, dass mir mein Freund eine CD mit Liedern dieses Anwalts vorspielen muss und ... so ist das Leben.

EMO: Gibt es da keine Ausnahmen?

Sauer: Natürlich, sonst würde doch die Welt untergehen (lacht!). Ich gehe selbstverständlich mit offenen Ohren durch die Welt und frage auch in einem Plattenladen schon mal, was das für eine CD oder Platte ist, die dort gerade gespielt wird. Oder ich komme in Kontakt mit Menschen, die von mir Musikinstrumente kaufen und auf deren Webseiten höre ich dann vielleicht Musikschnipsel, die mir gefallen. Etwas lernen resp. mich freuen kann auch ich noch und das tagtäglich.

[...to be continued...]

Der A-U-T-O-B-A-H-N 360 Systems MIDI Patcher

Die A-U-T-O-B-A-H-N Livemusik ist im Wesentlichen ein Ergebnis von Steuerinformationen zwischen elektronischen Klangerzeugern. Hierbei wichtig ist unter anderem... (zum Vergrößern der Abbilder bitte auf die Fotos klicken)

Der AUTOBAHN 360 Systems MIDI Patcher

MIDI (Abkürzung für "Musical Instrument Digital Interface) ist eine digitale Schnittstelle für Musikinstrumente, die dem Zweck der Übertragung/Übermittlung musikalischer Steuerinformationen zwischen elektronischen Geräten bzw. Klangerzeugern dient. Live werden beim A-U-T-O-B-A-H-N Projekt verschiedene Computersequenzer, Digitalsequencer, Analog-Digitalsequencer und Analogsequencer eingesetzt, die zu den unterschiedlichen Klangerzeugern via MIDI geschaltet werden. Die drei MIDI-Anschlussarten mit ihren unterschiedlichen Funktionen (= MIDI-IN/Eingang, MIDI-OUT/Ausgang, MIDI-THRU/Datendurchlauf) werden hierbei in unterschiedlichen Konfigurationen benötigt, wobei live ein Umstecken von MIDI-Kabeln in bzw. zwischen einzelnen Programmteilen nicht sinnvoll ist.

Hierbei ist der 360 Systems MIDI Patcher eine große Hilfe. Er ist frei konfigurierbar und man kann jede unterschiedliche Konfiguration abspeichern. So ist es möglich, etwa für Lied X den Doepfer MAQ 16/3 Sequencer auf die Clavia Nord Rack Synthesizer plus den Roland D-50 zu schalten und den MFB Step64 Sequencer auf das EMU Ultra Proteus Modul, während bei Lied Y der gleiche Doepfer MAQ auf den Emulator 4 plus die beiden EMU Proteus Module sowie der Roland Microcomposer auf die Clavia Nord Rack Module geschaltet wird und bei Lied Z steuert der MFB Step64 dann wieder alle gerade erwähnten Synthesizer und Module ganz allein. Dies geschieht im MIDI Patcher ohne irgend ein Kabel umzustecken nur durch einen einfachen Programmwechsel.

Beim Liveeinsatz wichtig ist der MIDI Patcher im Rahmen des A-U-T-O-B-A-H-N Projektes aber auch bei der grundsätzlichen Verwendung der Clavia Nord Rack Module, da diese (außer Nord Rack 3) nur MIDI- In/Eingänge bzw. MIDI- Out/Ausgänge haben, jedoch über keinerlei MIDI- Trough Funktion verfügen und deshalb vom MIDI-Patcher angesteuert werden müssen, damit beide gleichzeitig von einem Sequenzer angesteuert werden können.

Inzwischen werden aber nicht nur elektronische Klangerzeuger über MIDI gesteuert sondern vermehrt auch (digitale) Mischpulte oder klangbildende Multieffektgeräte. Anstatt MIDI-Datenpakete zur Übertragung von Notenbefehlen, werden hier Daten zum Fernsteuern sämtlicher Gerätefunktionen (Lautstärke, Effektintensität, Programmparameter, Panorama, etc.) oder sogar Laufwerksfunktionen eines Samplers (z. B. das Nachladen von Sounds) über die MIDI Schnittstellen gesendet. Auch hierbei kann mit Hilfe des 360 Systems MIDI Patcher jegliche Konfiguration bereits im Vorfeld eines Livekonzertes abgespeichert bzw. vorbereitet werden.

Fast könnte man sagen: "Was man programmiert = was passiert!"

Hinweis: Von 360 Systems hat das A-U-T-O-B-A-H-N Projekt auch das Instand Replay Abspielgerät im Einsatz, das aber getrennt vorgestellt wird.