"Die Laser-Harfe 'Syringe' - oder: Wenn Licht Musikinstrumente steuert"


Der Begriff "Laser Harfe" tauchte ab dem Beginn der 1980er Jahre in der Musikwelt auf und wurde lange Zeit alleine mit dem französischen Musiker Jean-Michel Jarre in Verbindung gebracht, der dieses Musiksteuerinstrument kurz nach der Veröffentlichung seines Albums "Les Chants Magnétiques" / "Magnetic Fields" live bei Bühnenschows einsetzte. So nannte Jarre auch einen Song seines Live-Doppel-Albums "Les Concerts en Chine" / "The Concerts in China" aus dem, Jahre 1982 "Laser Harp".

Dabei wurde die Laser-Harfe gar nicht von Jean-Michel Jarre entwickelt sondern von seinem Landsmann Bernard Szajner, einem Keyboarder und Lichttechniker, der in den späten 1970ern und frühen 1980er Jahren mit psychedelischen-Musikbands wie Magma oder Gong auf Tour ging, seinen Fokus dabei verstärkt auf mystische Lightshows setzte und zeigte, dass man mit dem gezielten Einsatz von Lichteffekten die musikalischen Komponenten von Liveauftritten perfekt ergänzen kann, oder, wie er es nannte, "Die perfekte Verschmelzung von Klang und Musik und Licht" erreichen.

JEZT - A-U-T-O-B-A-H-N - Bernard Szajner Live in den 1980er Jahren - Foto © Bernard Szajner

 Heute gehört Bernard Szajner (hier bei einem Liveauftritt in den 1980er Jahren) zu jenen vergessenen und übersehenen Figuren einer Musikgeneration, die um Lichtjahre innovativer war, als man es sich angesichts der heutigen Kommerzmusik überhaupt vorstellen kann. Szajner war damals einer der Pioniere auf seinem Gebiet, nicht nur in Frankreich sondern weltweit. Dass nicht er die Lorbeeren für seine Laser-Harfen-Erfindung (oder: "Syringe" / "Syrinx", wie er sie auch nennt) erntete, sondern "der andere Franzose", wie er Jean-Michel Jarre lange Jahre nannte, schmerzte ihn eine Zeit lang, aber heute hat Bernard Szajner seinen Frieden mit der Sache gemacht. Der Zeitschrift Telerama gegenüber sagte er: "Ich habe es erfunden und er hat er populär gemacht. Ich mochte es ja, im Verborgenen zu leben, arbeitete damals sozusagen hinter geschlossenen Vorhängen."

In La Rochelle, wo er mehrere Monate im Jahr lebt, baut Szajner heute kleine Robotik-Wesen, montiert Schrauben, metallische Gliedmaße und Gelenke zu mechanischen Vögeln und anderen Wunderwerken zusammen und handelt damit u.a. auf Flohmärkten. Trotzdem fasziniert ihn das Licht und die Möglichkeiten, mit ihm zu arbeiten, weiterhin: Bernard Szajner bereitet eine neue musikalische Lichtshow auf Beaubourg vor, die im September 2014 erstmals gezeigt werden soll. Dieses Mal ist sie für seine eigene Musik gedacht, denn der Tüftler hat sein Debütalbum "Visions of Dune" (1979 unter dem Künstlernamen ZED veröffentlicht) neu aufgelegt. Wenn er nicht in La Rochelle an der Atlantikküste wohnt, dann zieht es ihn nach London, wo seine Musik schon immer weit mehr geschätzt wurde, als in seinem Heimatland.

JEZT - A-U-T-O-B-A-H-N - Bernard Szajner- Syringe Harp - Foto © Bernard Szajner

 Topacts wie The Grateful Dead oder Pink Floyd waren zwischen 1975 und 1980 ebenso Pioniere auf dem Gebiet der Bühnen-Lichtshows, setzten auch bereits Laser als Effektelemente ein, aber Szajner war es, der das Ganze ent-technisierte und auf ein kreativ-künstlerisches Tablett brachte. Bei ihm waren die Lichteffekte nicht nur Beiwerk, er machte sie zu einem aktiven Bestandteil der musikalischen Darbietung. Wie bei der Laser-Harfe. Dort "berührt" der Musiker die Laserstrahlen mit seinen Händen und spielt wie auf einer Klaviatur so sein Instrument, das mit der Laser-Harfe gekoppelt ist (siehe Abbildung in der Mitte). "Mir war es wichtig, dieses Ziel zu erreichen, mit Licht aktiv Musik zu machen und dies für das Publikum zu tun", sagte Szajner, gibt aber zu: "Ich habe immer Angst gehabt, dass mich die Leute mehr für einen Visionär oder ein Zauber-Guru halten, als für einen Musiker."

Und Bernard Szajner hatte auf dem Höhepunkt seines Laser-Licht-Erfolgs noch mit ganz anderen Dingen zu kämpfen, die der Do-it-yourself-Erfinder so niemals voraussehen konnte. "Alle Gruppen wollten mich plötzlich engagieren, darunter The Who. Deren Roadmanager verleitete mich dazu, der Gruppe zwei Bühnenlaser zu vermieten. Ich schaffte die Geräte nach England und dort beschlagnahmte man meine Papiere und die Laser bei meiner Ankunft. Ich rief den Bühnenmanager der Who an und bat ihn darum, mir zu helfen. Ich ahnte ja nicht, dass er hinter der ganzen Angelegenheit steckte. Er kam zu mir und sagte: 'Jetzt hast du mir zu gehorchen, und wenn du klug bist, dann machst du auf unserer Tour alles so, wie wir das wollen.' Am Ende zahlten sie mir dann auch noch viel zu wenig. Pure Banditen, diese Manager. Nicht die Musiker. Ich bin sicher, die Musiker wussten nichts davon. Ich denke aber, dass er ihnen gesagt hatte, dass ich für die Lasershow ein Vermögen haben wollte. Das scheint aber fast alles in seiner Tasche gelandet zu sein."

Auf die Laser-Harfe ist er auch heute noch stolz, denn sie habe "die Ordnung der Dinge vollständig umgekehrt", wie Bernard Szajner sagt. Es sei zum ersten Mal keine Musik gewesen, die das Licht steuert, sondern das Licht, in Gestalt von grünen Laserstrahlen, habe die Musik, habe Synthesizer aktiv gesteuert. "Ich habe die 'Syringe' vor allem für mich selbst entwickelt, wollte ein Steuerinstrument finden, das zu mir passt. Sie mit anderen zu teilen war in der Tat ein fauler Ansatz", sagt er, wörtlich: "En fait, c'était une démarche paresseuse." - Was war passiert?

JEZT - A-U-T-O-B-A-H-N - Patentschrift von Bernard Szajner fuer die Laser-Harfe - Foto © Bernard Szajner

Die Erfindung sorgte anfangs für großes Aufsehen und die Plattenfirma Dreyfus vermittelte Bernard Szajner an den bekannten Musiker, Komponisten und Produzenten Jean-Michel Jarre. Der war von der Laser-Harfe begeistert und wollte sie 1981 für seine Konzerte in China einsetzen. Szajner willigte ein und hoffe auf Anerkennung und einen Geldsegen im Zuge der Show. Aber nichts dergleichen geschah: In der Musikwelt ist die Laser-Harfe bis heute eine Jarre-Harfe. Für den Erfinder eine herbe Enttäuschung, die ihn so sehr ärgerte, dass Bernard Szajner seine eigene Laser-Harfe demonstrativ zerstörte. "Das Objekt war mir zu visuell, zu spektakulär. Ich aber suche die perfekte Balance. Die 'Syringe' und ich, das passte irgend wann einmal nicht mehr zusammen. Und deshalb vernichtete ich, was ich geschaffen hatte." 

Das Kriegsbeil zwischen ihm und "dem anderen Franzosen" ist inzwischen begraben. Zwar hat man die beiden Männer nie wieder gemeinsam gesehen, aber die beiden Welten kamen durch die Jarre-Fans zusammen, die sich mit ihm auf Facebook austauschen, eine eigene "spektakuläre" Laser-Harfe nach Szajners Originalplänen bauen wollten. Bernard Szajner amüsiert: "Es ist schön, weil sie die 'Syringe' lieben und es für mich kostenlos ist." Vor allem aber hat die Anmeldung einer Patentschrift (siehe oben) dazu beigetragen, ein wenig Geld in seine Kassen zu spülen, das ihm helfe, neue Instrumente zu bauen, wie Szajner gegenüber Telerama sagte. Und auch heute noch wird seine Laser-Harfe auf der Bühne eingesetzt und das nihct nur vo "dem anderen Franzosen" sondern auch z.B. bei Konzerten der britischen Pop-Rockband Coldplay.

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Über den Autor: Rainer Sauer wurde 1958 in Offenbach am Main geboren und macht seit dem 1970er Jahren Elektromusik, solo und in Bands wie Velvet Universe oder Saundlab. In den 1980er Jahren erreichte er mit seiner hr3-Radiosendung "Sounds vom Synthesizer" Kultstatus und veranstaltete mehrere Jahre lang das Synthesizerfestival "White Waves". 2013 erschien von Rainer Sauer das Album "MOODS - Language of the Soul", 2014 sein Live-Album "Jena". Live benutzt auch Rainer Sauer eine, von Bernard Szajner entwickelte, "Syringe"-Laser-Harfe mit einer Steuereinheit von "Kroma" (siehe Foto unten).

JEZT - A-U-T-O-B-A-H-N - Rainer Sauer - Stardust - Kroma LaserHarp Controller with Gasses and Gloves

Rainer Sauer "MOODS" - A review by Allan Wallace


This is a review of "MOODS" by Mr. Allan Wallace, Essex, May 2014:

"This music was made for headphone listening..." Rainer Sauer opens the official video for his new album with a warning and "MOODS" is a warning for the electronic music scene to sratch for new sounds and not for new styles. "Walking on thin ice - paying the price" Yoko Ono once said and that's still a fact in 2013.

For his "Language of the Soul" Sauer combines buzzing bees with fuzzy guitar licks, grunting synths, impressive angel voices and phasing synth chords across deep reverb like frantic instrumental parts. He also finds room for a tribute to the work of Richard Wright in the song "Hipgnosis" and he dedicades this to - of course - to the great Storm Thorgerson. The following song is called "An Electric Storm" and links the Wright / Thorgerson hommage to an album by David Vorhaus and White Noise, which Sauer consumed, when he was a young boy.

That's what makes "MOODS" extraordinary to me. There is an artist who combines a perfect summary of great progressive album-influences with the hunger for new inspiration after a decade of mainstream junk had poisened the synthesizer music. In 75 minutes Rainer Sauer shows not how to create commercial success, he looks for new soundsets and mixtures for the brain or deals with "The Language of the Soul".


Long ago in the Mid-Eighties Sauer was top with his band Velvet Universe and their album "Enigmas" which was a Number One hit and rightly won an award at the british "Electronic Music Fair 1985". Today Rainer Sauer doesn't play a lot of straight-up synthesizermusic. Songs like "Wide Angle an Zoom" (dedicated to Brian Eno and his wife Anthea) are compositions full of Innocence and of Experience in sound: "Wide Angle and Zoom" features only two sounds of the legendary Buddha Machine and is nevertheless a hypnotic 3D-journey into the soul, a shifting of space and time...listen to it, when you fall asleep and you'll find out. 


For some listeners it might be no that easy to fall in love with this album, because it has it's own mood [sic], less manic and more plaintive, even luxuriant at times. But Mr. Steve Reich himself listened to the song "Six iPhones" and was impressed, as he told Sauer last year. The sequence of this 7 minutes song is based on only five notes, but these five notes carry the whole song, pushing and pulling it forward and Sauer shows that minimal music is still alive in our days. On the other side Sauer's "Music for Aurora Night" (the 10 minute longplayer) has a collection of many different sounds and is an outstanding piece of instrumental music, more mental than music.

It is tempting to call "MOODS" an answer to Brian Eno's work and some similarities (piano sounds, repeats, all that reverb) make it easy. Seems to be the Livingstone / Stanley case with Sauer saying "Mr. Eno I presume...". But "MOODS" is closer to the work of german producer legend Conny Plank, who died 1987 – a thrilling act of risk and renewal by an artist with established commercial appeal. "If today's music is that what's normal now, I don't want to listen to it," Sauer said in an interview and he sounds a little bit like a guy for whom even this album, next time, won't be enough.